Die grosse Zwischenbilanz

Vor zwei Monaten haben wir an dieser Stelle gefragt: Wird das die spannendste Meisterschaft aller Zeiten?
Heute können wir festhalten: Ja, es gibt durchaus Gründe, das so zu sehen. Zum Pfingstwochenende hin sind offiziell 8 Runden gespielt, mehr als die Hälfte der Meisterschaft ist vorbei. Und weil an Pfingsten die meisten Teams spielfrei haben, ist es Zeit für eine Nationalliga-Bilanz.

 

(Disclaimer: In diesem Artikel behandeln wir – nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Anzahl an gespielten Runden – nur die Mannschaftswertung.)

 

 


NLA

Ok, wir geben es hier gleich zu: An der NLA-Spitze können wir nur bedingt mit der Spannung argumentieren. Schliesslich zieht Höchstetten seine Kreise, zuletzt hatte auch Wäseli keine Chance. George Clooney würde sagen: «What else?» Gelaufen ist es aber noch lange nicht. Alle Hornusser wissen, wie schnell es geht und ein Streich unterstrichen werden muss. Höchstetten A gab sich bisher aber keine Blösse und grüsst mit dem Punktemaximum vom Leaderthron. Bern-Beundenfeld A liess Federn gegen Urtenen A, Wäseli A verlor wiederum gegen die Stadtberner und eben zuletzt auch im Direktduell. Patzt Höchstetten nicht mehrfach, dürfte nur noch Bern-Beundenfeld eine echte Titelchance haben. Insofern dürfen sich die Hornusser am nächsten Sonntag, 12. Juni auf eine Art vorgezogenes Superfinale freuen: Höchstetten empfängt die Stadtberner zum Spitzenkampf. Unsere Prognose: Holt Höchstetten vier Rangpunkte, ist die Meisterschaft vorentschieden. Und was, sollten die Berner doch gewinnen? Dann haben wir wohl den spannendsten Titelkampf seit 2016 und dem letzten Triumph von Wäseli A.

 

Wie gewohnt, liegen die Mannschaften der NLA dicht beieinander. Nach dem Spitzenduo folgt einzig noch Wäseli, das ebenfalls ohne Nummer ist. Richigen und Urtenen haben sich auch leicht von den Verfolgern absetzen können. Dann folgen ganz viele Mannschaften, die sich wohl bereits einen entscheidenden Abstand im Abstiegskampf haben erarbeiten können und um die weiteren Mittelfeldpositionen kämpfen. Es sind dies: Gerlafingen-Zielebach, Wasen-Lugenbach und Schafhausen i.E. Letztere liessen in ihrer ersten NLA-Saison mit einem guten Start aufhorchen, zudem wurde das wichtige Direktduell mit Wichtrach gewonnen. Auch den zweiten Aufsteigern, Oberdiessbach, hätten die Schafhauser am Bock im Griff gehabt, kassierten dort aber die bisher einzige Nummer. Ohne diese vier Rangpunkte sähe es hingegen für Oberdiessbach noch schlechter aus, womit wir mitten im Abstiegskampf angelangt sind. Rüdtligen-Alchenflüh, Lyss und Wichtrach können sich zwar noch nicht allzu sicher sein, sie liegen aber doch schon vorentscheidend vor den Oberdiessbachern. Den sofortigen Wiederabstieg zu verhindern, dürfte entsprechend schwierig werden, zumal ein happiges Restprogramm wartet.

 

Nein, wir haben Zuchwil nicht vergessen. Aber dem abgeschlagen Letztplatzierten müssen wir einen separaten Absatz widmen. Das gebührt alleine der Respekt vor den vergangenen Leistungen. Davon ist freilich in der Saison 2022 nichts übriggeblieben. Die einst so stolze Mannschaft liegt hoffnungslos zurückgebunden auf dem 14. und letzten Platz. Wir legen uns fest: Die Niederlage mit Nummer von letzter Woche gegen Schafhausen hat den Abstieg der einstigen Übermannschaft besiegelt. Für den Ligaerhalt braucht es wohl sehr deutlich über 20 Punkte, eher nahezu 30. Selbst mit fünf Vollerfolgen in Serie – und das können wir uns nach den bisher gezeigten Leistungen beim besten Willen nicht vorstellen – kämen die Solothurner noch auf maximal 27 Punkte. Da dürfte auch das auf dem Papier etwas leichtere Restprogramm mit Direktbegegnungen gegen Oberdiessbach und Wichtrach zu spät kommen. Auch wenn Zuchwil bereits in den letzten Jahren etwas den Anschluss an die Spitze verlor: Der Abstieg wäre (und wird) zum Paukenschlag – und das endgültige Ende einer grossen Ära.

 


NLB

Hatten wir nicht etwas von Spannung gesagt? Bitteschön! Zwar gab es auch in der NLA knappe Resultate, doch in der NLB spielt sich fast jedes Wochenende auf irgendeinem Hornusserplatz ein wahrer Krimi ab. Mehr als zehn Spiele wurden erst durch den letzten Streich entschieden. Die Liste der knappen Duelle gipfelte im Spiel zwischen Biglen-Arni und Thörigen, welches aufgrund des längeren Rieses zugunsten des Heimteams entschied. Fantastischer Sport, der hier geboten wird!

 

Und auch sehr unterschiedlicher: Ein Vergleich zwischen zwei Gruppen hinkt naturgemäss immer etwas. Was aber auf den ersten Blick auffällt: die Anzahl der Nummern. In der Gruppe 1 sind noch drei Teams ohne Nummer. Sie zieren auch die Tabellenspitze. In der Gruppe 2 erwischte es schon früh in der Saison alle vierzehn Teams. In Zahlen: In der Gruppe 1 gab es in bislang 55 Spielen 44 Nummern. In der Gruppe 2 stehen bei 59 Spielen 67 Nummern zubuche.

 

Gruppe 1

Das enorm schlagstarke Schüpbach distanzierte Utzigen in der Direktbegegnung um 50 und zuletzt Balzenwil um 40 Punkte. Alle anderen Mannschaften verloren 99 Punkte und mehr. Das ist beeindruckend, reicht aber wegen dreier kassierter Nummern nur für einen Platz im Verfolgerduo mit Balzenwil. Die Aargauer wurden von Schüpbach im Direktduell zurückgebunden, weil es aufgrund einer Nummer einen Nuller absetzte. So liegen die drei Teams an der Spitze, die noch keine Nummer kassierten: Röthenbach, Mättenwil-Brittnau und Utzigen. Alle fünf erwähnten Teams liefern sich spannende Direktduelle und schlagen sich gegenseitig, was auch der Grund ist, dass keine Mannschaft mehr mit dem Punktemaximum dasteht. Die Trümpfe in der Hand hat aktuell Röthenbach im Emmental. Doch auch auf sie warten noch die Duelle mit Schüpbach und Mättenwil-Brittnau. Interessant und wohl auch entscheidend wird sein, ob eine der drei Topmannschaften die Meisterschaft ohne Nummer beenden kann. Derzeit scheint nicht ausgeschlossen, dass der Aufstieg unter punktgleichen Teams ermittelt werden muss. Aber noch ist das Zukunftsmusik, der Weg noch weit. Es bleibt – Achtung jetzt kommts – spannend😉 Eine Prognose wagen wir deshalb nicht.

 

Hinter den ersten fünf Teams wird es eng und aufgrund unterschiedlicher Anzahl an Spiele auch unübersichtlich. Das harzig in die Saison gestartete Lyssach hat sich mit dem heutigen Sieg weiter nach vorne gearbeitet und dürfte alle Abstiegssorgen los sein. Auch für Winterthur, Oschwand-Biembach und Bramberg sieht es gut aus. Ab Platz 10 tobt ein erbitterter Abstiegskampf. Stark unter Druck ist eher überraschend auch die Mannschaft aus Rüderswil. Das letztplatzierte Hettiswil-Eintracht hat noch eine Partie weniger ausgetragen. Die Abstiegsplätze dürften erst nach der letzten Runde besetzt werden. Deswegen wagen wir hier keine Prognose und bedienen uns stattdessen der Plattitüde: Die Riesarbeit wird entscheiden.

 

Gruppe 2

Hier ist es nicht minder spannend, weil eben gerade alle Teams schon mit Nummern konfrontiert wurden. Epsach geht mit einer hauchdünnen Führung in den Endspurt, gefolgt von Zauggenried-Kernenried und Thörigen, das eine Partie mehr ausgetragen hat und deshalb die Tabellenspitze ziert. Wohl noch nicht ganz aufgegeben hat Biglen-Arni, das bereits leicht zurückgebunden wurde und nach seinem Selbstverständnis um den Aufstieg kämpfen müsste. Diesbezüglich steht Recherswil-Kriegstetten noch schlechter da. Vier Nummern stehen auf dem Konto, ausserdem konnte jeweils in den Top-Spielen die Leistung am Bock nicht oder nur ungenügend abgerufen werden, woraus für die durchaus schlagstarke Equipe drei Niederlagen in Folge gegen Epsach, Biglen-Arni und Thörigen resultierten. Diese Hypothek ist für den Schweizermeister von 2012 nicht mehr wettzumachen.

Auch in dieser Gruppe sind die Abstände gering. Eine Niederlagenserie kann sich kaum jemand leisten, dennoch sind hier die Abstiegsplätze schon vorbezogen: Hintermoos-Reiden liegt trotz dem ersten Vollerfolg in der NLB am vorletzten Wochenende bereits sieben Punkte hinter dem rettenden 12. Rang. Auch Busswil BE ist stark gefährdet. Sie haben noch eine Partie mehr auf dem Konto, liegen aber dennoch zwei Punkte hinter dem ersten Nichtabstiegsplatz. Den hat zurzeit auch eher überraschend Obergerlafingen inne. Die Solothurner hätten wir weiter vorne erwartet. Auch alle weiteren Teams ab Rang 6 werden versuchen, sich mit weiteren Punktgewinnen so schnell wie möglich von den Abstiegsplätzen zu entfernen. Zum Beispiel das mit hochkarätigen Youngsters bestückte Oberönz-Niederönz, das mit starken Leistungsschwankungen zu kämpfen hat und für die es eine Art Übergangssaison zu sein scheint.

 

Wir bleiben dabei: Hintermoos-Reiden und Busswil müssen sich mächtig steigern, wenn sie die Liga halten wollen. Den Aufstieg dürften Thörigen und Epsach auch aufgrund des restlichen Programms unter sich ausmachen. Zauggenried-Kernenried lauert als Underdog auf Ausrutscher der Konkurrenz. Sie gefallen sich in der Aussenseiterrolle und haben so schon einmal den Aufstieg geschafft. Das Restprogramm wird allerdings happig. 

 

Bonus: 2. Liga, Gruppe 1 (mit Balzenwil B)

In den unteren Ligen kann man mit der Riesarbeit praktisch alles gewinnen. Im positiven Sinne erlebt dies derzeit Balzenwil B, das zu den schwächsten Teams am Bock in dieser Gruppe gehört, aber dennoch von Rang 3 aus grüsst und den Ligaerhalt wohl auf sicher hat. Auch Bigel-Goldbach überrascht und zeigt, was man mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung erreichen kann. Favorit Wattenwil liegt einen Punkt hinter Grünenmatt-Gümligen an der Spitze. Diese beiden Mannschaften werden den Aufstieg unter sich ausmachen.

 

Die schlechtesten Karten haben derzeit Frauchwil-Zimlisberg, Gossau A und Wileroltigen. Letztere können am Bock eher noch auf Punktefang gehen, sie wären aber dringend auf ein bis zwei Vollerfolge ohne Nummer angewiesen. Gespannt sind wir noch auf Diessbach bei Büren, das bisher eher unter den Erwartungen blieb. 

 

Fazit

Bisher bieten die einzelnen Spiele ein hohes Mass an Spannung und auch die Ausgangslage in der Meisterschaft ist vielerorts noch sehr offen. Beides dürfte auch mit den Reformen zu tun haben. Es zählen nur noch 16 Spieler statt 18, was logischerweise alles zusammenrücken lässt. In der Nationallige sind zusätzlich die Gruppen kleiner und es steht ein Spieler weniger im Ries.

 

Ist das also wirklich die spannendste Meisterschaft aller Zeiten? Aktuell lautet die Antwort: Ja, das ist durchaus möglich.

 

Wir wünschen allen Teams viel Glück für den weiteren Verlauf der Meisterschaft!